Der Pirol – scheue Schönheit

Pirol-Ästling (Lateralansicht)- Wildtierhilfe Wien

Junger Pirol.

Der Pirol (Oriolus oriolus) ist ein exotisch anmutender Singvogel. Tatsächlich kommen die restlichen Mitglieder der Familie der Pirole überwiegend in den Tropen der Alten Welt (Europa, Asien, Afrika) vor. Lediglich im Osten der Paläarktis (sie umfasst Europa, Nordafrika bis zur südlichen Sahara und Teile Afrikas) ist der Schwarznackenpirol anzutreffen, im Westen ist es Oriolus oriolus.

Ein Vogel – viele Namen

Nicht nur uns, auch die Etymologen scheint das leuchtende Gefieder dieses Vogels zu faszinieren: Sowohl der deutsche, als auch der lateinische Name und weitere im Volksmund gebräuchliche Bezeichnungen leiten sich von dessen Farbe ab. So stammt der deutsche Name vom vulgärlateinischen pyrrhulus ab, was rötlichgelb bedeutet, der lateinische Name leitet sich von aureolus ab, was mit goldgelb übersetzt werden kann. Auch der Trivialname „Goldamsel“ kommt nicht von ungefähr. Einzig die Bezeichnung „Pfingstvogel“ hat einen anderen Hintergrund: Dieser Name kommt daher, dass Pirole häufig erst im Mai nach ihrer Überwinterung in Ostafrika bei uns in Mitteleuropa eintreffen. Häufig verlassen sie uns bereits in einem Monat wieder.

Ein gut getarnter Farbklecks

Der Pirol ist wohl kaum mit einem anderen heimischen Vogel zu verwechseln. Die Männchen sind anhand ihres prachtvollen, gelben Gefieders und den schwarzen Flügeldecken zu bestimmen, während Weibchen und Jungvögel vorne gescheckt und olivfarbener sind. Der Gelbanteil beim Weibchen nimmt häufig mit steigendem Alter zu. Bei dem Pirol auf dem Foto handelt es sich um ein Jungtier – diese sind im Gegensatz zu den Weibchen deutlicher gescheckt und meist noch grünlicher. Ebenfalls typisch ist der dunkle Schnabel, der bei den Altvögeln hellrosa gefärbt ist.

Pirol-Ästling (Frontalansicht) - Wildtierhilfe Wien

Pirol-Ästling.

Verbreitung

Pirole sind überwiegend in Mittel- und Südeuropa anzutreffen. Im Norden endet ihr Verbreitungsgebiet an der südlichen Spitze der britischen Insel und an der Südspitze Skandinaviens. Trotz ihres auffälligen Aussehens sind Pirole eher unbekannte Vögel. Das mag zum einen daran liegen, dass sie sich überwiegend versteckt im Blätterdach hoher Bäume aufhalten, zum anderen sind Pirole nicht so weit verbreitet wie etwa typische Parkvögel, zum Beispiel Amseln. Pirole sind nämlich Brutvögel des Tieflands, sie fehlen weitgehend in den Mittelgebirgen und den Alpen. Sie bevorzugen lichte Auwälder, Bruchwälder und gewässernahe Gehölze.  Man muss also schon ein bisschen Geduld aufbringen (und vielleicht ein paar Hot Spots kennen), um diesen scheuen Vogel aufzuspüren. Am Besten begibt man sich auf die Suche, indem man sich – z.B. in den Donau-Auen östlich von Wien – auf die Lauer legt und auf den typischen flötenden Gesang achtet (dieser wird übrigens sowohl von Männchen als auch von den Weibchen vorgetragen).

Lebensweise

Pirole ernähren sich amselähnlich, also sowohl von Insekten als auch von Beeren oder anderem süßen Obst wie etwa Kirschen. Die Nester werden als kunstvolle Näpfe im Kronenbereich an horizontalen Astgabeln aufgehängt. Ende Juli beginnt der Zug nach Afrika, wobei hier Hindernisse wie die Alpen nicht umflogen, sondern überquert werden (man spricht hier von sog. Breitfrontenziehern).

Gefährdung und Bestand

Trotz starker jährlicher Schwankungen gelten die Pirol-Bestände europaweit als stabil. Der Pirol gilt in Österreich als nicht gefährdet – mit Ausnahme von Voralberg und Tirol – und zählt zu den streng geschützten Arten. Unserer Meinung nach ist der Pirol ein ganz besonderer Vogel, für den es sich (neben anderen Sehenswürdigkeiten) auf alle Fälle lohnt, Fernglas und Spektiv einzupacken und sich auf eine Exkursion zu begeben.

Quellen

  • DVORAK M, RANNER A, BERG H-M (1993): Atlas der Brutvögel Österreichs. Handbuch der Vögel Mitteleuropas Bd. 13. Wiesbaden: Aula- Verlag.
  • LANDMANN A, LENTNER R (2001): Die Brutvögel Tirols. Bestand, Schutz und Rote Liste. Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins in Innsbruck Supplementum 14. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner GmbH.
  • KILZER R, AMANN G, KILZER G (2002): Rote Liste gefährdeter Brutvögel Vorarlbergs. Dornbirn: Vorarlberger Naturschau.
  • SVENSSON L, GRANT P J, MULLARNEY K, ZETTERSTRÖM D (2011): Der Neue Kosmos-Vogelführer: Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens (2. Auflage). Stuttgart: Franckh Kosmos Verlags-GmbH.
  • http://www.deutsche-vogelstimmen.de/pirol, Stand: 05.09.2014