Sollte man die Natur die Wildtierpopulationen nicht selbst regeln lassen?
Ja, das sollte man absolut! Dort, wo die Natur regulierend wirken kann, können wir auch gar nicht eingreifen. Anders sieht es in städtischen Gebieten aus, wo der menschliche Einfluss überproportional hoch ist und kein natürliches System besteht, das alles im Gleichgewicht hält.
Im urbanen Raum kommt es häufig durch Bauarbeiten zu einem plötzlichen Umgebungswechsel. Dies geschieht so schnell, dass eine natürliche Anpassung nicht möglich ist. Durch diese oftmals großflächigen Eingriffe werden Wildtiere häufig Opfer menschlicher Einflüsse, wie es etwa bei der Waldrodung in Hernals der Fall war. Auch Baumschnitte, ganz gleich zu welcher Jahreszeit, stellen einen künstlichen Eingriff dar, der nichts mit der Natur zu tun hat. Während der Baumschnittarbeiten werden allerdings sehr viele Tiere schwer verletzt, Jungtiere verlieren das Nest und erwachsene Tiere verlieren das Winterquartier. Autounfälle, Rattenköder, Kollision mit Fahrrädern, Verletzung durch den Rasenmäher, Umbauarbeiten uvm. sind Gründe, wieso Wildtiere in Pflege genommen werden müssen.
Menschliches Einwirken auf die Natur äußert sich aber schon im kleineren Rahmen: Es beginnt bei den Haustieren, die vom Menschen gezüchtet werden, und damit kein Teil der ursprünglichen oder eingewanderten heimischen Fauna sind. Freigängerkatzen beispielsweise erbeuten eine hohe Zahl an Vogeljungen stellen so einen negativen und keinesfalls natürlichen Eingriff in die Populationsdynamik dar. Oftmals wird mit der „Beute“ gespielt, sie dient aber nicht zur Ernährung der Katze, die von den Besitzern gefüttert wird. Gleichzeitig existiert kein regulierende Beutegreifer für die Freigängerkatze, die zum Tierarzt gebracht wird, wenn es ihr schlecht geht. Hunde spüren bei Spaziergängen Jungtiere auf, tragen sie spazieren und legen sie wieder ab.
All diese Beispiele sind künstliche Eingriffe, durch die Wildtiere zu Schaden kommen, ohne dass es sich um eine regulierende, natürliche Maßnahme handeln würde.
Bisher hat die Wildtierhilfe Wien keinen Pflegling aus Naturschutzparks aufgenommen – dieser Bedarf bestand bisher nicht.
Bringt man das natürliche Gleichgewicht nicht durcheinander und schadet dem sensiblen Ökosystem?
Leider fallen mehr Wildtiere anthropogenen Einflüssen zum Opfer, als TierschützerInnen in der Lage sind zu retten. Das sensible Ökosystem wird daher leider stärker durch den negativen Eingriff des Menschen ins Ungleichgewicht gebracht, als dass Populationen durch unsere Arbeit soweit gestärkt werden, dass sie einen negativen Effekt auf das Ökosystem haben könnten. Weiters gehören die Tiere zu diesem Ökosystem, sind dort heimisch und wurden meist nicht natürlich sondern künstlich aussortiert. Viel mehr geben wir einen kleinen Teil dessen zurück, was ursprünglich ohnehin in die Natur gehört hätte.
Viele Wildtiere bleiben heute nur noch in so genannten Sekundärlebensräumen erhalten, die künstlich durch den Menschen errichtet wurden. So werden mancherorts unter großem Aufwand Wiesen in einem Waldgebiet geschaffen, um beispielsweise die Diversität von Insektenarten zu fördern und zu erhalten, da anderswo, überspitzt formuliert, solche Wiesen Einkaufszentren weichen mussten. Tiere bereichern die Landschaft und Kultur – dass wir Menschen diese erhalten möchten ist also nicht nur eine vernünftige Entscheidung, sondern etwas, das wir subjektiv haben wollen. Uns ist es also besonders wichtig, dass ein sinnvoller Kompromiss im Zusammenleben von Mensch und Tier gefunden wird.
Machen die paar Tiere überhaupt einen Unterschied?
Aus Sicht des Menschen nicht. Zumindest nicht, wenn sich nur ein Tierschutzverein hilfsbedürftiger Wildtiere annimmt. Glücklicherweise haben sich mittlerweile zahlreiche Menschen der Wildtierhilfe verschrieben, sodass mehreren tausend Tieren jährlich geholfen werden kann und es sich lange nicht mehr nur um ein paar Tiere handelt.
Ein weiterer Punkt, der in der heutigen Gesellschaft leider häufig vergessen wird ist, dass jeder Mensch Konsequenzen für die Fehler, die er gemacht hat, tragen sollte. Das ist eigentlich eine Philosophie, die wir bereits unseren Kindern mitgeben, aber als Erwachsene gerne vergessen. Aus unserer Sicht ist es in einer Gesellschaft mit moralischem Wertesystem nicht in Ordnung, Lebensräume zu zerstören und dafür nicht geradezustehen. Wenn Wildtiere aufgrund von menschlichen Eingriffen zu Schaden kommen, dann ist es eigentlich das Mindeste zu versuchen, diesen Schaden bestmöglich zu begrenzen. Tiere dann sich selbst zu überlassen ist keine Lösung, sondern ein sehr bequemer Schritt.
Dass es für die betroffenen Tiere natürlich einen Unterschied macht, ob sie verenden müssen oder in Pflege heilen, ihr weiteres Leben leben und sich fortpflanzen dürfen, muss wahrscheinlich nicht extra erwähnt werden.
Tierschutz ist kein Artenschutz. Nur Artenschutz ist wichtig!
Während man unter Artenschutz das Bemühen versteht, bestimmte Arten aus unterschiedlichen Gründen (wie etwa dem Gefährdungsstatus) zu erhalten, versucht man im Tierschutz, das Individuum um seiner selbst willen zu schützen.
In den Gesprächen mit ArtenschützerInnen hat sich bereits mehrmals gezeigt, dass Probleme oft gar nicht bekannt sind, die aber durchaus auch für den Artenschutz Relevanz haben – weil man im Artenschutz mit manchen Problemen gar nicht konfrontiert wird sondern sich betroffene Menschen an Tierschutzvereine wenden. So werden bei manchen Bergungsaktionen etwa bauliche Fallen entdeckt, die für Fledermäuse oder anderen geschützten Arten gefährlich sind. Wir appellieren daher daran, diese Bereiche nicht so streng zu trennen und versuchen verstärkt zusammen zu arbeiten, um die Vorteile der jeweiligen Bereiche ausnutzen zu können. Letztlich geht es darum, einen positiven Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten. Das tun beide Seiten, weswegen eine ehrliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe angestrebt werden sollte.
Haben von Hand aufgezogene Wildtiere überhaupt eine Überlebenschance?
Ja! Aber nur, wenn man es richtig macht. Wenn Wildtiere mit Artgenossen aufwachsen und zeitgerecht über ein Außengehege ausgewildert werden, dann haben die Tiere sogar eine sehr gute Chance.
Das Aufwachsen mit Artgenossen ist deshalb so wichtig, weil dies eine Fehlprägung auf den Menschen verhindert. Während Einzelhandaufzuchten ein Leben lang handzahm bleiben, lassen sich fachlich korrekt aufgezogene Wildtiere von ihrem Pfleger oder ihrer PflegerIn nicht mehr anfassen und wehren sich beißend beim Versuch, sie einzufangen. Fehlgeprägte Vögel beispielsweise balzen Menschen an, während Handaufzuchten, die nicht fehlgeprägt wurden, ihre Artgenossen anbalzen. Amseln füttern ihre jüngeren Artgenossen noch in den Auswilderungsvolieren. Gelegentlich konnten wir sogar beobachten, wie eine Gruppe Haussperrlinge die handaufgezogenen Artgenossen am Außengehege besuchte und am Tag der Auswilderung abholte. Auch bei Mauerseglern dürfen wir stets zusehen, wie sich unsere Handaufzuchten einer Gruppe fliegender Mauerseglern anschließen und mitfliegen. Eichhörnchen, die man anhand ihrer besonderen Fellfärbung wieder erkennen kann, sind noch Jahre später immer wieder in der Nähe des Auswilderungsortes zu finden und erfreuen sich bester Gesundheit.
Die Auswilderung über ein Auswilderungsgehege ist unumgänglich, denn im Gehege lernen sie die selbstständige Nahrungssuche, trainieren Kletterkünste und Flugfähigkeit und treten in Kontakt mit den umgebenden Artgenossen.
Aufgrund unserer Beobachtungen haben wir keinen Grund zu glauben, dass handaufgezogene Wildtiere keine Überlebenschance in Freiheit haben. Wissenschaftliche Studien gibt es dazu allerdings wenige. Einerseits, weil in der Tätigkeit der Wildtieraufzucht kein Artenschutz gesehen wird, wodurch das wissenschaftliche Interesse gering ist. Andererseits sind die Methoden zur Verfolgung der Wildtiere teilweise nicht ausreichend ausgereift: Chips, deren Batterien nicht ausreichend lange halten, sodass über mehrere Jahre GPS Daten gewonnen werden können, oder für die jeweiligen Tiere zu groß sind und als Implantat eine Behinderung darstellen. Weiters sind sie viel zu teuer: Im Tierschutz ist oft nicht ausreichend Geld vorhanden, um Menschen für ihre Tätigkeit entlohnen zu können, geschweige denn mehrere tausend Euro in eine solche Ausrüstung zu investieren. Teilweise sind die angewandten Methoden sogar lebensbedrohlich: Beispielsweise die Beringung bei Fledermäusen. Hier kommt es immer wieder zur Verletzung der Flughaut durch Aufscheuern, die betroffene Region entzündet sich, das Tier wird flugunfähig und verendet.
Hier wird deutlich, wie wichtig eine Zusammenarbeit zwischen Tier- und ArtenschützerInnen wird. Solange von Seiten der ArtenschützerInnen kein Interesse besteht zu ergründen, ob TierschützerInnen durch ihre Arbeit signifikant zur Stärkung von Populationen beitragen, werden sich TierschützerInnen die entsprechende Forschungsausstattung nicht leisten können.
Wird die Population durch handaufgezogene schwache Tiere, die ohne Unterstützung nicht überleben können, geschädigt?
Ob die Tierschutzarbeit in Österreich im Bezug auf Wildtiere bereits so umfassend ist, dass sie als Artenschutz angesehen werden kann, müsste überprüft werden. Solange die Wildtierpflege nicht auf Artenschutz-Niveau betrieben wird, ist eine Schädigung der Population per Definition gar nicht möglich.
Wenn wir davon ausgehen, dass in Österreich bereits so viele Wildtiere erfolgreich gepflegt werden, dass sie eine Auswirkung auf die Population haben, also von Artenschutz gesprochen werden kann, müssen zwei Dinge beachtet werden:
Erstens: Wildtiere im urbanen Raum kommen sehr häufig durch den anthropogenen Einfluss zu Schaden. An Orten, wo die Natur tatsächlich ihre Arbeit leisten kann, kommen wir gar nicht erst zum Einsatz.
Zweitens: Wildtierpflege ist für die Pfleglinge kein Spaziergang – nur die besonders belastbaren Tiere kommen durch.
Beide Punkte werden am Beispiel des Winter-Igels sehr deutlich. Ein Igel verbraucht unnatürlich viele Ressourcen beim Winternestbau, da er kaum Material findet, weil Menschen Laub entsorgen. So ist er für den Winter zu dünn (weil er seinen Winterspeck beim Hausbauen aufgebraucht hat), findet aber nicht genug Futter, da in Gärten gerne Pestizide eingesetzt werden oder Laub, das eine sehr wichtige Rolle für die Überwinterung von Insekten spielt, nicht vorhanden ist. Ein magerer Igel wird also gefunden und in Pflege genommen. In erster Linie hat der Igel fürchterliche Angst. Das Personal wird nicht als Freund, sondern als Beutegreifer wahrgenommen. Außerdem leidet der Igel an Hitzestress. Seine Winterausstattung ist bei 20 Grad Zimmertemperatur alles andere als angenehm. Statt Insekten gibt es hochwertiges Katzenfutter – eine plötzliche Umstellung auf künstliches Futter, über die sich sein Verdauungstrakt nicht freut. All diese Faktoren senken das Immunsystem des Igels, Parasiten nehmen überhand, der Igel muss entwurmt werden.
An keinem Punkt ist das in irgendeiner Form angenehm für den Igel. Ein schwacher, aussortierter Igel würde so etwas gar nicht erst überleben.
Gleiches gilt für Handaufzuchten – betrachten wir dazu das Beispiel Eichhörnchenbaby näher.
Nach einem Baumschnitt hat das Jungtier seinen Kobel verloren. Zwar war das Muttertier sehr fleißig und hat einen Ersatzkobel für Notfälle angelegt, jedoch blutet das Jungtier aus der Nase und hat eine Gehirnerschütterung. Die Mutter nimmt das Junge nicht mehr an – es wird gefunden und in Pflege genommen. Dort erhält es Schmerzmittel, eventuell verabreicht die Tierärztin oder der Tierarzt Kortison gegen die Gehirnerschütterung. Der empfindliche Verdauungstrakt wird auf eine künstliche Aufzuchtmilch, die auf Katzen abgestimmt ist, umgestellt. Die Nähe zur Mutter ist weg, Bauchschmerzen in den ersten Tagen begleiten das Kleine. Einige Wochen später stellt sich heraus, dass der Aufprall zu einer Zahnfehlstellung geführt hat. Das Jungtier wird in Narkose gelegt und erhält für viele Wochen eine Zahnspange, die es für viele Wochen tragen muss. Dabei wird es wöchentlich in Narkose gelegt, um die Zahnspange zu justieren.
Wildtierpflege ist für die Pfleglinge selten angenehm oder schön. Schwache Tiere halten den Stress nicht durch.
Wenn die Wildtierpflege so belastend ist, sollte man die Tiere nicht einschläfern?
Weil den Tieren noch ein potentiell langes Leben in Freiheit bevorsteht, zahlen sich die Strapazen für das Individuum absolut aus. Oft braucht es nur wenige Tage bis einige Wochen bevor das restliche Leben der Tiere beginnen kann. Ob eingeschläfert werden sollte oder eine lange Therapie durchgeführt wird, muss aber selbstverständlich für jeden Pflegling individuell besprochen werden.
Wie funktionieren Auswilderungen und wo wird das gemacht?
Wenn ein Wildtier wieder in die Natur rückgeführt werden soll, so kommt es in ein Außengehege nahe eines Waldgebietes oder in große Gärten, die sich in einem für das Wildtier passenden Gebiet befinden. Idealerweise befinden sich diese Außengehege weiters nahe des Gebiets, aus dem der Pflegling stammt, also nahe des ursprünglichen Habitats. Die Wildtierhilfe Wien ist derzeit noch auf Außengehege begeisterter WildtierfreundInnen angewiesen. So wildern wir primär über Privatpersonen in Niederösterreich aus. Große Singvögel, wie beispielsweise Krähen, werden in Zusammenarbeit mit der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee auf die Natur vorbereitet.
Wenn ein Wildtier sehr lange in Pflege war oder von Hand aufgezogen wurde, so wird es für einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen (abhängig davon, wie schnell das Tier lernt) mit Artgenossen in das Außengehege übersiedelt. Dort wird der Kontakt zum Menschen auf ein absolutes Minimum reduziert. Futter wird einmal täglich versteckt oder befindet sich auf natürliche Weise bereits im Gehege (Insekten, Obstbäume), Wasser wird zur Verfügung gestellt. Das Außengehege gleicht einem Abenteuerspielplatz mit vielen Kletter- und Versteckmöglichkeiten. Erst, wenn das Tier problemlos Nahrung findet, Fluchtverhalten entwickelt und sehr gut klettern kann, wird die Gehegetür geöffnet (oft nur eine kleine Öffnung für die Tiere). Das Wildtier hat dann die Möglichkeit das Gehege zu verlassen, aber auch wieder zurückzukommen, falls die erste Zeit in der Natur noch nicht reibungslos funktioniert. Dieses Angebot wird allerdings kaum genützt.
Wie kann man sich ein Außengehege selbst bauen?
Im Internet gibt es dazu sehr viele verschiedene Bauanleitungen. Ein paar Dinge sollte im Idealfall jedes Außengehege aufweisen:
- Doppelte Vergitterung: Das Gehege sollte zu allen Seiten doppelt vergittert sein. Ein kleiner Abstand zwischen den beiden Gitterwänden verhindert, dass Beutegreifer von außen z.B. in die Extremitäten der am Gitter kletternden Wildtiere beißen können.
- Untergrabungsschutz: Der Untergrabungsschutz ist zumeist ein im Erdboden vergrabenes engmaschiges Gitter. So können sich Wildtiere von innen nicht nach außen graben und – viel wichtiger – Beutegreifer von außen nicht nach innen gelangen. Der Untergrabungsschutz schließt natürlich mit den Gehegewänden ab.
- Eine Eingangsschleuse: Sie wird durch zwei Türen gebildet, sodass beim öffnen des Geheges kein Wildtier bei der Türe hinauslaufen kann.
Größe und Ausstattung des Geheges hängen maßgeblich von der auszuwildernden Tierart ab. Außengehege für Igel sollten mindestens 6 qm Fläche bieten. Am Boden lebende Tiere, wie Igel und Feldhasen, benötigen natürlich keine sonderlich hohe Voliere. Für Eichhörnchen, Siebenschläfer und Singvögel ist eine Höhe von mindestens 2,5 m ratsam. Eine zu großes Gehege gibt es natürlich nicht.
Weiterführende Infos finden Sie hier.
Müssen alle Wildtiere über ein Gehege ausgewildert werden?
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Wildtiere, die in der Natur aufgewachsen sind, können direkt am Fundort freigelassen werden, sofern sie aufgrund ihrer Verletzung keine Beeinträchtigung erfahren haben, die eine längere Rehabilitation in einem Gehege erfordern würde. Beispielsweise sind dehydrierte oder abgemagerte Tiere, die nach ein bis zwei Wochen wieder fit sind, nicht auf ein Auswilderungsgehege angewiesen. Ein Eichhörnchen mit schwerer Gehirnerschütterung, dessen Gleichgewichtssinn noch gestört ist, oder ein Vogel, der aufgrund seiner Verletzung (z.B. einem Bruch) lange nicht fliegen durfte, muss zuvor in einem Außengehege trainieren können.
Was passiert mit Wildtieren, die nicht mehr ausgewildert werden können?
Betroffen von diesem Problem sind eigentlich nur jene Wildtiere, die schwere Verletzungen zwar überlebt haben, aber ein Leben lang beeinträchtigt bleiben. Solche Fälle haben wir glücklicherweise sehr selten. Einerseits haben Wildtiere eine beeindruckende Regenerationsfähigkeit, andererseits kommen Wildtiere mit manchen Behinderungen sehr gut zurecht und können dennoch ausgewildert werden. Beispielsweise ist es für eine Fledermaus, die ihre Nahrung durch Echoorientierung findet, gleichgültig, wenn sie auf einem Auge erblindet ist. Vögel stört ein nach einem Bruch steif gewordenes Bein nicht. Eichhörnchen, die nach einem Unfall nur noch einen halben Schwanz haben, flitzen durch die Baumkronen, als wäre nie etwas gewesen.
Wenn ein Wildtier aber so beeinträchtigt ist, dass es alleine in der Natur nicht zurecht käme, dennoch aber eine Lebensqualität erhalten bleiben kann, so versuchen wir Plätze in „Behindertengehegen“ zu finden. Das kann für Igel beispielsweise ein großer ausbruchssicherer Garten sein, in dem sie leben dürfen und versorgt werden. Singvögel, die nicht mehr fliegen können, werden ebenso in großen Außengehegen gehalten, in denen sie sich mit vielen Klettermöglichkeiten behelfen können.
Ob die Lebensqualität eines Wildtiers erhalten bleiben kann, muss genau abgewogen werden. Wir versuchen diese Entscheidung stets gemeinsam im Team, mit den betreuenden Personen und unseren TierärztInnen zu treffen. Im Zweifelsfall wird es einfach ausprobiert, um zu sehen, ob das Wildtier mit der neuen Situation zurecht kommt.
Falls eine Behinderung eine gute Lebensqualität aber nicht zulässt, wird das Tier erlöst.
Ist es nicht gefährlich Wildtiere, die Medikamente erhalten haben, in die Freiheit zu entlassen?
Wildtiere die Medikamente benötigen, bleiben stets solange in Pflege, bis Restbestandteile abgebaut sind und sie keinem anderen Organismus schaden können, wenn das Wildtier nach der Pflege z.B. einem Beutegreifer zum Opfer fallen sollte. Für Medikamente gibt es üblicherweise spezifischische Wartezeiten, die beispielsweise auch bei der Behandlung von Nutztieren, etwa in der Landwirtschaft, eingehalten werden müssen.
Muss ich die Tierarztkosten selbst tragen oder übernimmt sie die Tierärztin/der Tierarzt?
Vorweg muss gesagt werden, dass kein Tierarzt verpflichtet ist, ein Wildtier kostenlos zu behandeln. Es gibt leider auch keinen Fond, auf den zurückgegriffen werden kann. TierärztInnen tragen die Kosten daher leider selbst. Da Wildtiere niemandem gehören steht es TierärztInnen außerdem frei, eine Untersuchung/Behandlung abzulehnen.
Wenn Sie ein hilfsbedürftiges Wildtier finden, das ärztliche Versorgung braucht, dann sprechen Sie über die Finanzierung der Untersuchung bitte vorab! Es findet sich meistens eine Lösung. Auch wir helfen gerne aus und begleichen Rechnungen – allerdings nur in vorheriger Absprache. Scheuen Sie sich nicht, das Problem anzusprechen! Wir sind dankbar, dass Sie helfen wollen und gemeinsam findet sich eine Lösung.