Aus Maria Enzersdorf wurde uns eine Weißrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) gebracht, welche aus einem Pool gerettet worden war. In Absprache mit der Wiener Anlaufstelle für Fledermäuse übernahmen wir den kleinen Gnom.
Fledermaus – aber was für eine?
Und so begann eine Odyssee: Viele Fledermäuse sind selbst für Profis nicht einfach zu bestimmen, es gibt sie in verschiedenen Größen (von winzig klein bis einfach nur klein 😉 ), aber fast alle sind einfärbig braun – mit wenigen Ausnahmen, wie z.B. die Zweifarbfledermaus, die wir hier schon vorgestellt haben. Es gibt sogar Fledermäuse, die man so gut wie gar nicht bestimmen kann, wenn man kein männliches Exemplar in Händen hält (da betrachtet man tatsächlich Form und Größe des Gemächts…)
Bei jener Fledermaus also war das übliche Prozedere der Fledermausbestimmung mithilfe von Bestimmungsschlüsseln angesagt: Das beginnt bei winzigen Schwanzwirbeln vermessen („Sind das nun 1-2 mm oder 3-4 mm?!“) bis man sich durchgearbeitet hat zu de Zahnmustern. Das ist ein bisschen wie diese interaktiven Bücher, wo man immer zwischen zwei Wegen entscheiden muss. Wer sich mehr mit Fledermausbestimmung via Bestimmungsschlüssel auseinandersetzen will, kann das auf der Homepage www.fledermaus-bayern.de tun.
Und am Ende kam also Weißrandfledermaus heraus 🙂 Wenn man es erst einmal weiß, ist es eigentlich recht einfach, denn der Name ist Programm: am äußeren Flügelrand haben diese Kobolde einen relativ breiten weißen Rand.
Ein Überblick über die Weißrandfledermaus
In Wien wurden bisher 20 Fledermausarten nachgewiesen – in ganz Österreich 28, also kommt in unserer Hauptstadt ein Löwenanteil der Arten vor. Von diesen 20 Arten ist die Weißrandfledermaus aber nicht gerade die häufigste in Wient, bis 1990 konnte sie hier überhaupt nicht nachgewiesen werden.
Die Weißrandfledermaus wird bis zu 4,7 cm lang womit sie ein winziges bisschen größer ist als ihre nächste Verwandte, die Zwergfledermaus (4,5 cm), bei der es sich neben der Etruskerspitzmaus um das wahrscheinlich kleinste Säugetier der Erde handelt. Die Flügelspannweite der Weißrandfledermaus liegt bei ca. 22 cm. Sie kann maximal 10g wiegen, aber das sind nur einzelne, besonders dicke Brummer kurz vor dem Winterschlaf.
Gefahr im Pool
Warum die Weißrandfledermaus, bei der es sich übrigens um ein Männchen handet, überhaupt in einem Pool landete? Nunja, um diese Jahreszeit sind Pools ja bereits abgelassen. Die Schwimmbecken haben aber sehr sehr glatte Wände, von denen die Ultraschallrufe, anhand derer sich Fledermäuse orientieren, anders reflektieren und von den Fledermäusen nicht richtig verarbeitet werden können. Einmal dort versehentlich hineingeraten, saß der Kleine orientierungslos im Pool herum und schaffte es tatsächlich nicht hinaus, hinausklettern konnte er auch nicht. Wie lange die Weißrandfledermaus dort saß, wusste keiner, weswegen wir ihn erst einmal bei uns aufgenommen haben. Dabei dürfte ihm zum Glück nichts passiert sein, er ist fit. Und ein stolzes Gramm hat er auch schon zugenommen, was bei einem Gesamtgewicht von nun 8g beachtlich ist. Damit ist der Flugkobold bald reif für den Winterschlaf und musste wohl nur gerettet und ein bisschen hochgepäppelt werden.
Fledermausbergung – ein paar Tipps
Bei der Bergung von Fledermäusen gilt es, immer Handschuhe zu tragen (sie können in ihrer Panik beißen). Man muss die Tiere vorsichtig, aber nicht zu zaghaft greifen. Danach sollte man sie entweder in einen mit Luftlöchern versehenen Karton oder eine Plastikbox setzen. In diese hängt man ein Geschirrtuch, sodass die Tiere sich aufhängen können, das beruhigt sie ein wenig. Wichtig ist, dass diese Luftlöcher wirklich sehr klein sind! Die gutmeinende Finderin brachte das Tier nämlich in einem Einkaufskorb mit 1cm breiten Schlitzen zu uns, aus der die Weißrandfledermaus direkt bei der Übergabe ausbrach – Schlimmeres konnte zum Glück verhindert werden. Fledermäuse sind von Natur aus dafür gebaut, in die schmalsten Spalten zu passen, wo die überall hinein- oder hindurchpassen, erstaunt einen immer wieder.
Quellen:
HÜTTMEIR U, BÜRGER K, WEGLEITNER S, REITER G (2010): Ergänzende Erhebungen und Einschätzung des Erhaltungszustandes der Fledermäuse in Wien. Unveröff. Endbericht im Auftrag des Magistrats der Stadt Wien, MA 22.