Ein wildtierfreundlicher Garten

Gärten als Grün-Oasen für Mensch und Natur

Warum ist ein wildtierfreundlicher Garten so wichtig?

Landnutzung, Bodenversiegelung und intensive Land- und Forstwirtschaft haben folgenschwere Auswirkungen auf die Artenvielfalt und schließlich auch auf unsere Lebensmittelproduktion. Während in Österreich 2016 noch täglich (!) eine Fläche von etwa 20 Fußballfeldern verbaut wurde, gibt es langsam ein Umdenken: Ein langwieriger Prozess, der mit politischen und raumplanerischen Mitteln gelöst werden muss.

Allerdings gibt es viel Positives, was man als Einzelperson auf ganz lokaler Ebene umsetzen kann: Die Gestaltung eines wildtierfreundlichen Gartens!

Immerhin 14,7% der Fläche Wiens (und 2,1% der Bundesfläche) sind Gärten. Je nachdem, wie Gärten gestaltet werden, können sie ökologisch wertlose Flächen oder wichtige Grün-Oasen für heimische Tiere und Pflanzen sein. Wir erklären, wie ein wildtierfreundlicher Garten aussieht.

Checkliste für einen wildtierfreundlichen Garten

Die großen 3:

  1. Verzicht auf synthetisch-chemische Pestizide
  2. Verzicht auf synthetisch-chemische Düngemittel
  3. Verzicht auf Torf

Verzicht auf Pflanzen, die keinen/wenig Nutzen für Wildtiere bringen:

  • Folgende Blumen: Stiefmütterchen, Tulpen, Geranien, Dahlien, Chrysanthemen, …
  • Folgende Sträucher: viele Zuchtrosen, Flieder, Forsythien, Gefüllter Schneeball, …
  • Folgende Hecken: Thuja, Buchsbaum, Kirschlorbeer, …

Pflanzenauswahl für einen wildtierfreundlichen Garten:

  • Folgende Blumen und Kräuter: Bärlauch, Maiglöckchen, Lungenkraut, Brennnesseln und Taubnesseln, Natternkopf, Nachtkerze, Fetthenne, div. Disteln, Flockenblumen, Hornklee, Dost, Thymian, …
  • Folgende Kletterpflanzen: Wilder Wein, Efeu, Geißblatt, …
  • Folgende Bäume und Sträucher: Holunder, Wildrosen, Brombeere, Himbeere, Eberesche, Weide, Kornelkirsche, Felsenbirne, …

Gemüsebeet – gesunder Boden, gesunde Ernte:

  • Mischkulturen anlegen
  • Fruchtfolge beachten
  • Mulchen statt Umgraben

Rücksichtsvolle Gartenarbeit:

  • Mahd 2x im Jahr
  • Vorsicht beim Baum- und Heckenschnitt! Nach der Brut- und Setzzeit schneiden (Herbst) oder auf Schnitt verzichten – Früchte und Samen sind wichtiges Winterfutter!

Weitere Gartenelemente:

  • Totholz-Stapel
  • Trockensteinmauer
  • Biotop
  • Obstbäume
  • Wildes Eck
  • Komposthaufen
  • Nisthilfen

Grund und Boden

Gesunde Böden bilden das Fundament der Nahrungspyramide, auf dem das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Lebewesen aufgebaut ist.
Aus vielerlei Gründen macht es Sinn, beim Gärtnern zuerst einmal auf den Boden und das hiesige Klima zu achten. Anstatt auf Biegen und Brechen Pflanzen auszusäen, die es sehr schwer an dem auserwählten Platz haben werden, ersparen standortgerechte Pflanzen viel Arbeit, Ärger und die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmitteln.

Bei der Wahl von Gartenerde gibt es einiges zu beachten. Einer der wichtigsten Punkte ist der Verzicht auf Torf. Torf bildet den Boden von Moorlandschaften und entsteht über viele Jahrtausende. Einmal abgebauter Torf kann nicht einfach so neu gebildet werden. Zerstörte Moore sind also mitunter unwiederbringlich verloren! Moore sind nicht nur wichtige Wasserspeicher und Lebensräume für viele hoch-spezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Sie speichern erhebliche Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid! Mit dem Schutz der Moore schützen Sie also zugleich das Klima. Daher ist auch beim Kauf von Gartenerde darauf zu achten, dass diese keinen Torf enthält!

Vorsicht bei der Pflanzenwahl

Mit der Wahl der Gartenbepflanzung steht und fällt ein wildtierfreundlicher Garten.

Manche beliebte Gartenpflanzen haben für heimische Tiere gar keinen Nutzen. Ihre farbenprächtigen gefüllten Blüten locken Insekten zwar an, spenden aber kaum und gar keinen Nektar bzw. Pollen. Manche exotische Zierpflanzen haben Früchte, die in unserem Klima nicht ausreifen. Wieder andere Pflanzen sind gänzlich unfruchtbar gezüchtet und bilden gar keine Früchte aus.

Gibt es auch „Problempflanzen“?

Definitiv!

Es ist bereits hinreichend bekannt, dass manche – vom Menschen bewusst oder unbewusst eingeschleppte – Tierarten sich zu einem Problem für heimische Arten entwickeln können. Ein Beispiel hierfür ist der Amerikanische Signalkrebs, der sich in fast allen österreichischen Flüssen findet. Er ist konkurrenzstark, da er größere Verschmutzungen toleriert und eine hohe Reproduktionsrate aufweist. Zusätzlich ist er Überträger der Krebspest. Er leistet – neben anderen Gefährdungsursachen – einen Beitrag zur Verdrängung des Europäischen Flusskrebses.

Nicht bedacht wird aber häufig, dass auch Zierpflanzen im eigenen Garten Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna haben können. So dienen exotische Pflanzen manchmal als Transportvehikel für fremde Tierarten. Der Buchsbaumzünsler gehört zu den „Lästlingen“, die es wohl unbemerkt mit eingeführten Pflanzen zu uns geschafft haben. Aber auch die Gartenpflanzen selbst können sich als invasive Schädlinge entpuppen. Ein Beispiel ist der (ursprünglich als Zierpflanze eingeführte) Japanische Staudenknöterich, der an Gewässerufern mit seinem dichten Blattwerk heimische Uferpflanzen zurückdrängt. Über Vogelfuttermischungen hat es die Ambrosie – die bei manchen Menschen allergische Reaktionen hervorruft – geschafft, sich auszubreiten.

Während manche Arten sich erst durch das Entsorgen des samenhaltigen Schnittguts in der Natur ausbreiten, reicht für andere bereits ein wenig Wind aus, um sich erfolgreich andernorts anzusiedeln.

Heimische Pflanzenarten fördern Insekten

Wildtierschutz im eigenen Garten startet also mit der Wahl geeigneter Pflanzen. Mit der richtigen Auswahl werden Insekten gefördert, die Pflanzen bestäuben und ihrerseits anderen Tieren als Nahrung dienen.

Dabei sollte sich Insektenschutz nicht nur auf die domestizierte Honigbiene konzentrieren. In Österreich leben z.B. etwa 700 verschiedene Wildbienenarten, deren Bestäubungsleistung für unser Ökosystem unverzichtbar ist. Aber auch Ameisen, Käfer, Fliegen und viele weitere Tiere sind wichtige, oft unterschätzte Bestäuber!

Viele kultivierte Gartenpflanzen sind hervorragende Bienenweiden. Doch es gibt sozusagen noch einen Bonus für heimische Pflanzen!
Effektiver Bienen- und Insektenschutz besteht aus weit mehr als einem Insektenhotel. Viele Arten haben sich im Laufe der Evolution ganz speziell an bestimmte andere Arten angepasst. In dieser Gemeinschaft sind beide Arten – z.B. Blütenpflanze und Bestäuber – voneinander abhängig. Fehlt eine Spezies plötzlich, fällt dieses Gefüge auseinander und weitere Arten verschwinden.

Die Raupen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, einer heimischen Schmetterlingsart, profitieren selbst von der prächtigsten blühenden Hortensie nicht. Denn sie ernähren sich explizit nur vom Großen Wiesenknopf. Um also heimische Tierarten zu fördern, die sich oft auf nur eine oder wenige Pflanzenarten spezialisiert haben, ist das Angebot dieser standortspezifischen heimischen Pflanzen essenziell.

Praktisch daran ist, dass dies oft kaum Arbeit erfordert. Der Verzicht auf Düngung trägt schon erheblich dazu bei, aus einer monotonen Löwenzahnwiese Stück für Stück wieder eine vielfältige Blumenwiese zu machen.

Ganzjähriges Nahrungsangebot

Ein wildtierfreundlicher Garten mit einer Efeu-überwachsenen Fassade.

Bei der Gartengestaltung gibt es vielerlei Möglichkeiten, Tieren ein ganzjähriges Nahrungsangebot anzubieten.
Bärlauch zum Beispiel ist schon früh im Jahr verfügbar. Natternkopf und Bartblume sind beliebte Bienenweiden, Disteln erfreuen Stieglitze und Schmetterlinge. Nachtkerzen blühen in den späten Sommermonaten bis zum Frostbeginn und locken mit ihrem betörenden Duft Schmetterlinge in den Abendstunden an.

Manche Pflanzen sind regelrechte Multitalente!
Efeu zum Beispiel bietet Versteckmöglichkeiten im Frühjahr, und viele Vögel (wie Amseln) brüten gerne in den dichten dunkelgrünen Ranken. Efeu blüht sehr spät im Jahr, wenn kaum noch andere Blüten verfügbar sind. Das nutzen viele Schmetterlinge, wie das Tagpfauenauge oder der Admiral, die noch im Herbst anzutreffen sind. Und dann wären da noch die Beeren, die auf dem Speiseplan verschiedenster Vögel stehen!

Tipps für ein wildtierfreundliches Gemüsebeet

Auch Nutzpflanzen können der Insektenwelt zugute kommen. Richtig umgesetzt bringt ein Gemüsebeet nicht nur leckere Ernte, sondern auch einen gesunden Boden und robuste Pflanzen.

  • Mischkulturen anlegen: Manche Pflanzen sind besonders gute Nachbarn und fördern sich gegenseitig. Tomaten und Basilikum passen gut zusammen, Zwiebel nebst Karotten helfen, Gemüsefliegen vorzubeugen, Bohnen reichern den Boden mit Stickstoff an, von dem Kohlarten profitieren usw.
  • Fruchtfolge beachten: Nachdem ein Standort für eine starkzehrende Pflanze genutzt wurde, sollte im nächsten Jahr am selben Standort keine solche gepflanzt werden, damit sich der Boden regenerieren kann.
  • Mulchen: Anstatt umzugraben und zu düngen, kann ein Beet mit etwas Geduld auch mit Karton, Erde und einer Mulchschicht aus Gras und Laub angelegt werden.

Wenig Pflege für mehr Vielfalt

Wird eine Blumenwiese plötzlich gemäht, geht für viele Insekten und andere Tiere auf einen Schlag ihre Nahrungsquelle verloren. Ein paar Ecken im Garten, wo Wildblumen stehen bleiben dürfen, machen also einen Unterschied. Wiesen, die nur zwei Mal im Jahr gemäht werden, erlauben es den Pflanzen, auszublühen und ihre Samen auszubilden und damit, Artenvielfalt auch im nächsten Jahr zu erhalten.

Wertvolle Hecken

Eine Hecke kann mehr sein als nur ein Sichtschutz. Für Insekten bieten blühende Hecken ein reiches Buffet. Auch viele Vogelarten sind etwa auf genau diesen Lebensraum angewiesen: Sie finden hier Windschutz, Verstecke, Insekten-Nahrung, einen Neststandort für den Nachwuchs und Beeren als Winternahrung. Igel nutzen den insektenreichen Boden unter Hecken zum Schlemmen und machen es sich tagsüber darunter gemütlich, und auch andere Tiere wie Füchse oder Dachse nutzen die Früchte als zusätzliche Nahrungsquelle.

Der radikale Rückschnitt einer Hecke trifft nicht nur Tiere zur Brut- und Setzzeit im Frühjahr. Die erwachsenen Tiere des Nierenfleck-Zipfelfalters etwa entfernen sich nie weit von „ihrer“ Hecke. Die Eier dieses Schmetterlings überwintern ganz unscheinbar an Schlehen und werden beim Heckenschnitt schnell übersehen. Igel überwintern bevorzugt im schützenden Dickicht von Brombeerhecken. Ein radikaler Rückschnitt kann für sie auch zur kalten Jahreszeit zum Problem werden.

Eine selten und mäßig zurückgeschnittene Hecke aus heimischen Pflanzen hingegen bereichert den Garten. Erst, wenn eine Hecke blühen und Samen bzw. Früchte bilden darf, kann sie ihr volles Potential entfalten.

Weitere Gartenelemente

Biotop für einen wildtierfreundlichen Garten
  • Biotop: Wichtig für Wasserpflanzen, viele Insektenarten und Amphibien. Der Nebeneffekt einer Trink- und Bademöglichkeit bietet die Gelegenheit, auch größere Wildtiere hautnah zu beobachten.
  • Totholz-Stapel: Lebensraum und Überwinterungsmöglichkeit für zahlreiche Gartenbesucher. Die Larven von Hirschkäfern entwickeln sich nur in morschem Holz bestimmter Bäume. Auch schillernde Holzbienen bevorzugen morsches Holz, um Nestgänge zu graben.
  • Trockensteinmauer: Erfreut neben Insekten, die in den Ritzen und Spalten Unterschlupf finden, auch wärmeliebende Reptilien.
  • Obstbäume: Streuobstwiesen mit alten Obstbäumen sind mittlerweile zur Seltenheit geworden. Dabei bieten diese Lebensraum für viele Vogelarten, etwa den Halsbandschnäpper, der in Baumhöhlen brütet.
  • Wildes Eck: Der Natur ein Stück weit ihren Lauf zu lassen betrifft sowohl die Pflege als auch die Bepflanzung. Vielleicht gibt es ja einen Ort, wo die Brennnesseln und Disteln nicht stören? Anstatt selbst Pflanzen auszusuchen, darf die Natur ihr eigener Gärtner sein. Ein wildes Eck bietet einen Rückzugsort für viele Tier- und Pflanzenarten.
  • Komposthaufen: Hundertfüßer, Regenwürmer und Käferlarven sind hier zu Hause und machen aus Abfall wieder fruchtbaren Boden. Spitzmäuse, Igel und Vögel naschen gern von den vielen Insekten.
  • Nisthilfen: Sie stehen an letzter Stelle der Prioritätenliste, denn ein gut strukturierter, abwechslungsreicher Garten benötigt weder Nistkasten noch Insektenhotel. Wer einen Nistkasten oder ein Insektenhotel aufhängt, sollte sich vorher gut informieren. Viele käuflich erwerbbare Modelle erzielen nicht den gewünschten Effekt.

Nun steht einem wildtierfreundlichen Garten nichts mehr im Weg. 🙂

Quellen:

Nunes, Márcio Renato, Harold Mathijs van Es, Robert Schindelbeck, Aaron James Ristow, und Matthew Ryan. 2018. No-till and cropping system diversification improve soil health and crop yield. Geoderma 328: 30–43. Cite Download
Rega, Carlo, John Helming, und Maria Luisa Paracchini. 2019. Environmentalism and localism in agricultural and land-use policies can maintain food production while supporting biodiversity. Findings from simulations of contrasting scenarios in the EU. Land Use Policy 87: 103986. Cite Download
Schwarzl, Bernhard, und Katrin Sedy. 2015. Wildbienenparadies Österreich? Aktuelle Umweltsituation - Identifikation von Gefahren und Lösungen im Wald. Cite Download
Wirtschaftskammer Österreich. 2019. Fläche und Benützungsarten. http://wko.at/statistik/bundesland/Fl%C3%A4cheBen.pdf. Zugegriffen: 15. Juli 2020. Cite Download