Am 27.08.2013 erreichte uns ein Anruf aus dem Arsenal in 1030 Wien. Eine Dame meldete, dass im Stiegenhaus mehrere Fledermäuse unterwegs wären und sich in die Löcher, die im Zuge der damals laufenden Bauarbeiten entstanden waren, hängen würden. Die Wände wurden aber gerade wieder verschlossen – und die Fledermäuse eingemauert. Gemeinsam rückte das gesamte Team der Wildtierhilfe mit Transportboxen, Fangnetz und dicken Handschuhen aus. Sechs Tage in Folge sollten wir Fledermäuse – allesamt große Abendsegler – bergen. Weil Fledermäuse über so genannte Disstresscalls weitere Artgenossen anlocken, verschlossen die Bewohner die Türen und Fenster des Hauses bereits mehrere Tage zuvor, sodass sich nicht noch mehr Fledermäuse ansiedelten. Versuche, die Tiere bereits früher bergen zu lassen, scheiterten – niemand fühlte sich zuständig.
Die Bergung einer Fledermauskolonie
Am ersten Tag konnten wir 55 Fledermäuse evakuieren. Sie befanden sich in einem erbärmlichen zustand – durstig und stark ausgehungert. Wir holten sie aus engen Öffnungen, wer nicht von selbst herauskam, wurde mit einer Wasserspritze sekkiert bis er die Flucht ergriff und so eingefangen werden konnte. Vier Stockwerke wurden abgesucht. Vier Stunden dauerte die erste Rettungsaktion. Die Erstversorgung dieser 55 mit Futter und Wasser Tiere nahm geschlagene 6 h in Anspruch, um kurz vor 6 Uhr morgens taumelten die Pfleger ins Bett, als endlich alle Tiere erstversorgt waren. Am zweiten Tag gesellten sich weitere 20 Individuen dazu, wovon allerdings eines noch am selben Tag verstarb. Am dritten Tag konnten weitere 10 Fledermäuse geborgen werden, von ihnen verstarb eine weitere. In den nächsten drei Tagen sollten noch 13 Tiere eingefangen werden, wovon wiederum eines nicht überlebte. So waren es am Ende 97 große Abendsegler, von denen immerhin 93 Tiere überlebten. Fledermäuse sind überwiegend Luftjäger. Futter aus Futterschüsseln zu holen muss ihnen erst beigebracht werden. Doch es sind kluge Tiere – einer lernt zügig vom anderen. So konnte innerhalb weniger Tage ein großer Teil der Kolonie selbstständig fressen. Ein Tier bereitete uns jedoch große Sorgen, hob kaum den Kopf, war weder an Wasser noch an Futter interessiert – hier musste also nachgeholfen werden. Die notwendige lebensrettende Infusionslösung, verabreicht durch eine fledermauskundige Tierärztin, zeigte schnell ihre Wirkung – das kleine Fledermausköpfchen hob sich bald und zuhause wurde gleich ein Mehlwurm verschlungen. Das Sorgenkind war am Ende eine der dicksten Fledermäuse! Nachdem die Tiere über zwei Wochen täglich intensiv gepflegt wurden, konnten sie in einem Naturschutzgebiet, weit entfernt von Baustellen, freigelassen werden.