Kollision mit Glasflächen
Zahlreiche Vögel sterben an den Folgen von Glaskollisionen. Gerade im Frühjahr bzw. zu den Zugzeiten bekommen wir viele auf diese Weise verunglückte Tiere. Durch die Spiegelung von Glasflächen oder Scheiben mit Durchsicht wird Vögeln eine freie Flugbahn suggeriert. Dadurch fliegen sie ungebremst mit hoher Geschwindigkeit (locker 30 bis 50 km/h) gegen die Glasfronten – das Ergebnis kann man sich vorstellen.
Äußere Erscheinung
Wenn Sie den Zusammenstoß mit einer Glasscheibe nicht unmittelbar beobachten konnten, helfen ein paar Anhaltspunkte, die einen Verdacht zulassen. Häufig handelt es sich um einen (erwachsenen) Vogel, der mit zusammengekniffenen Augen da sitzt oder ohne offensichtliche Verletzungen auf der Seite liegt. Oft sind in der unmittelbaren Umgebung Glasflächen, die in Frage kommen, manchmal schaffen es Vögel nach einer Kollision aber noch ein ganzes Stück zu fliegen, bevor sie nicht mehr weiter können. Für ein Anflugtrauma typisch sind Gleichgewichtsprobleme und Schwäche. Die Vögel plustern, kneifen die Augen zusammen, sie können nicht gerade stehen, häufig auch nicht fliegen. Sie legen den Kopf schief, bewegen sich auffällig oder reagieren gar kaum auf ihre Umgebung. Nicht selten lassen sich solche Tiere ohne Weiteres anfassen – manche von ihnen wirken unverletzt und erwecken einen regelrecht zutraulichen Eindruck. Lassen Sie sich davon nicht täuschen, diesen Tieren geht schlecht, auch wenn sie fit wirken! Sieht man genauer hin, zeigt sich, dass auch anscheinend unverletzte, zahme Vögel schnell ermüden und einschlafen, sobald man sie in Ruhe lässt.
Die wahrscheinlich wichtigste Frage für FinderInnen lautet: Ist es sinnvoll abzuwarten, ob sich der Vogel nach einer Glaskollision von selbst erholt? Die kurze Antwort: Eher nicht. Auch, wenn von vielen Seiten dazu geraten wird.
Warum Sie nicht abwarten sollten
Oft wirken Vögel nach einer Glaskollision nur kurz benommen und verwirrt und es erscheint so, als würden sie sich sehr schnell wieder erholen. Auch bedeutet der Stress durch den Transport zu einer Tierklinik oder zu einer Auffangstation ein zusätzliches Risiko für die Tiere.
Aus folgenden Gründen ist es trotzdem nicht ratsam, zuerst einmal abzuwarten und anschließend den Vogel freizulassen:
- Die Flugfähigkeit eines Vogels spiegelt nicht unbedingt seinen Gesamtzustand wider. Selbstverständlich ist ein Vogel in dieser Ausnahmesituation gestresst und versucht schnellstmöglich, seinen Standort zu verlassen, um nicht zum Opfer eines Beutegreifers zu werden. Für ein Fluchttier ist es überlebenswichtig, Schmerzen so lang wie möglich zu verbergen. Hinzu kommt die menschliche Tendenz, das Verhalten von Tieren falsch zu interpretieren. So ist ein orientierungsloser Vogel, der auf eine Schulter landet „zutraulich“, ein sterbender Vogel in Seitenlage „müde“, ein schnappatmendes Tier „durstig“ und ein Tier, das sich einfach anfassen lässt „dankbar“. Aufgrund der reduzierten oder fehlenden Mimik wird Tieren häufig Schmerz abgesprochen. Davonfliegen ist aber nicht als Erholung, sondern als Flucht zu verstehen, als ein „letztes Aufbäumen“. Danach geht es dem Tier jedoch keineswegs besser: Bedenken Sie, dass der Vogel mitunter einige hundert Meter weiter im Gebüsch wieder abstürzt, wo Sie ihn nicht mehr finden.
- Manche Symptome äußern sich erst nach längerer Zeit. Blutungen und Schwellungen brauchen mehrere Stunden, bis sie ihr volles Ausmaß zeigen. Bis zu 72 Stunden kann es dauern, bis die Tiere alle Schäden zeigen, die durch die Kollision auftreten! Das ist wertvolle Zeit für eine entsprechende Therapie, die bei unnötigem Abwarten verloren geht.
- Eine Gehirnerschütterung ist meist nicht die einzige Folge einer Glaskollision. Oft ziehen sich die Tiere weitere Verletzungen zu, die große Schmerzen verursachen und meist nicht ohne medizinische Betreuung abheilen können. Häufig sind Luftsackrisse, Schnabelbrüche, Augenverletzungen, Luxationen, Frakturen und Wirbelsäulenverletzungen.
Erste Hilfe bei Anflugtrauma
Wie immer ist die Rolle jener Personen, die ein in Not geratenes Wildtier gefunden haben, nicht zu unterschätzen. Es gilt, den Vogel kühl und dunkel (etwa in einem Karton mit Deckel und Luftlöchern) unterzubringen. „Kühl“ bedeutet hierbei lediglich minimal unter Zimmertemperatur (19 – 20 °C), da die Tiere häufig auch noch unter Schock stehen und dadurch schnell auskühlen. Bei hohen Außentemperaturen hilft es schon, den Vogel aus der Hitze in einen halbwegs angenehm temperierten Raum zu stellen – ein plötzlicher drastischer Temperaturunterschied (z.B. von über 30 °C auf Kellertemperaturen) wäre nicht förderlich. Typisch für eine Gehirnerschütterung sind starke Schmerzen, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit. Sehen Sie zu, dass sich der im Karton verpackte Vogel an einem ruhigen Ort befindet und vermeiden Sie jede Störung. Versuchen Sie nicht auf eigene Faust, den Vogel wieder freizulassen!
Spätestens jetzt ist eine Wildtierauffangstation zu verständigen, damit eine entsprechende Therapie eingeleitet werden kann. Jedoch ist leider auch bei entsprechender Behandlung die Prognose eher schlecht.
Glaskollisionen verhindern
Mitunter aufgrund der schlechten Prognose ist es absolut essentiell zu verhindern, dass es überhaupt zu einem Scheibenanflug kommt. Und es ist ganz einfach! Gleich vorweg: Sie kennen bestimmt Sticker in Form von Greifvögeln, haben diese evtl. bereits ausprobiert und festgestellt, dass diese nur mäßig funktionieren. Der Verein AURING – eine biologische Station in Hohenau – beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Vogelschlag und ist im Zuge langjähriger Forschungsarbeit zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Strukturen in Form von senkrecht verlaufenden Streifen am besten dafür eignen, Vögel vor Kollisionen mit Glasscheiben zu schützen. Geprüfte dekorative Muster, die Vogelschlag verhindern können, so wie weitere Informationen zu dem Thema finden Sie hier.
Quellen:
- http://www.auring.at/de/forschung/vogelanprall-auf-glas.html, Stand: 21.1.2020
- http://www.wua-wien.at/images/stories/publikationen/wua-vogelanprall-muster.pdf, Stand: 17.08.2015