Heute haben wir einen ganz besonderen Schützling bei uns aufgenommen: eine Teichralle (Gallinula chloropus) – oft auch Teichhuhn genannt. Sie wurde am Boden liegend aufgefunden und an die Veterinärmedizinische Universität gebracht. Dort konnte das Tier genau untersucht werden. Obwohl ein Bein derzeit gelähmt ist, konnte aber bisher kein Grund, wie beispielsweise eine Fraktur, für die Lähmung festgestellt werden. Vermutet wird, dass die Lähmung durch ein Trauma verursacht wurde. Während sich die Veterinärmedizinische Universität um die medizinische Versorgung kümmerte, übernimmt nun für die weitere Intensivpflege die Wildtierhilfe Wien das Tier.
Physiotherapie auch für Wildtiere
Lähmungen an Beinen nach Traumata sind leider eine häufige Verletzung. Hier gilt: Es darf nicht zu früh aufgegeben werden. Die Tiere brauchen Zeit zur Genesung und die Möglichkeit der Rehabilitation. Unterstützend hat sich die Anwendung von Physiotherapie bewährt. Hierbei darf man aber nie vergessen, dass es sich um Wildtiere handelt, die den Umgang mit den Menschen nicht gewöhnt sind und nur beschränkt tolerieren. Neben Körperübungen, die man mit Tieren, die den Umgang mit ihren Pflegern zulassen, machen kann, stehen uns noch weitere Mittel zur Verfügung.
Im Falle unserer Teichralle stellt die Wassertherapie einen wichtigen Schritt in Richtung Genesung dar. Mehrmals täglich kann das Tier in einem großen Wasserbecken unter Aufsicht ihre Runden ziehen. Nicht nur, dass der Aufenthalt im Wasser dem natürlichen Verhalten der Tiere entspricht und entscheidend zum Wohlbefinden beiträgt, werden beim Schwimmen auch die Muskeln trainiert und Nervenbahnen angeregt.
Auch das Bewegen im natürlichen Habitat, auf verschiedensten Untergründen, das Wühlen in der Erde oder das Greifen nach unterschiedlich dicken Naturästen, stellt für sich schon ein Training dar. Motiviert werden die Tiere durch Lebendfutter (wenn dieses zur Nahrungsspektrum gehört), das erst erbeutet werden muss.
Nachstellung des natürlichen Habitats
Der typische Lebensraum der Teichralle besteht aus flachen Gewässern mit dichter Röhrichtvegetation am Ufer. Ansonsten ist diese Ralle sehr anspruchslos im Bezug auf die Wahl ihres Lebensraums. Aufgrund ihrer hohen Anpassungsfähigkeit, kommen sie sogar in kleinen Tümpeln oder in Park-Teichen vor. Die Bestände der Teichralle sind in Europa stabil, in Teilen Deutschlands steht das Tier bereits in der Vorwarnstufe der Roten Liste. In Tirol war die Teichralle im Jahr 2001 sogar der Kategorie 2 (stark gefährdet) zugeordnet.
Die Pflege in Gefangenschaft erweist sich allerdings als nicht so einfach. Hier stellen sie hohe Ansprüche und erwarten viel Einfallsreichtum. Sie brauchen eine möglichst ruhige und Habitat nahe Unterbringung. Auch ihre Ernährung muss sehr abwechslungsreich gestaltet werden. In Freiheit zählen sie zu den Allesfressern. Ihr Nahrungsspektrum wird sehr stark vom jeweiligen Habitat beeinflusst und reicht von Samen und Knospen über Insekten bis zu kleinen Krebstieren und Fischen. Sogar Vogelkadaver oder Eier stehen manchmal auf ihrem Speiseplan.
Dichtes Geäst, eine Wasserstelle sowie Erde und kleine Grasflächen, in der nach Futter gepickt werden kann, sind Grundausstattung der Unterbringung.
Besonderes Brutverhalten
Übrigens beginnt die Balz der Teichralle im März! Ab April kann mit den ersten Jungtieren gerechnet werden. Diese gehören zu den Nestflüchtern. Die Nester dieser Rallenart findet man freischwimmend im Dickicht der Ufervegetation. Dadurch passen sie sich an den aktuellen Wasserstand an und werden nicht überschwemmt. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass Teichrallen auch mehrere Balz- sowie Ruheplattformen für die Küken bauen. Die ersten Tage halten sich die Küken noch viel im Nest auf, aber bereits ab dem fünten Tag können die Jungtiere tauchen. Teichrallen zeigen ein sehr ausgeprägtes Brutverteidigungsverhalten – vor allem gegen Graureiher, Höckerschwäne, kleinen Singvögel aber auch gegen Artgenossen. Neben den Greifvögeln gehören Hechte und Welse zu den Hauptfressfeinden.