Besuch einer Zweifarbfledermaus

 

Zweifarfledermaus dorsalAuch am Wochenende sind wir für Notfälle erreichbar. So kam diese Zweifarbfledermaus zu uns, die bereits längere Zeit verzweifelt einen Ausgang aus einem Wiener Wohnhaus suchte. Freundliche Hausbewohner versuchten zwei Tage lang das Tier einzufangen – bei einer noch fitten, flugfähigen Fledermaus gar nicht so einfach – und konnten sie am Samstagmorgen endlich in Sicherheit bringen. Die Fledermaus war hungrig und dehydriert, wirkte aber ansonsten unverletzt und hat mit 16 g ein gutes Gewicht für den Winterschlaf. Sie befindet sich zurzeit noch zur Beobachtung bei uns und sollte sich in den nächsten Tagen zeigen, dass sie tatsächlich fit ist, werden wir sie in einer Schönwetterphase wieder in die Freiheit entlassen. Dabei achten wir darauf, dass die Temperaturen nicht unter 10 °C fallen.

Vor allem im Frühjahr und im Herbst kommt es häufig vor, dass Fledermäuse in Wohnungen fliegen. Sie sind auf dem Zug zu ihrem Sommer- oder Winterquartier und suchen sich warme Schlafplätze. Einem ungewollten Besuch entgegenwirken kann man, indem man entweder nur tagsüber lüftet oder ein Fliegenschutzgitter anbringt.
Ist eine Fledermaus gerade erst in ein Wohnhaus geflogen, öffnet man am besten alle Fenster, damit sie von selbst hinaus fliegen kann. Man kann sie vorsichtig in die richtige Richtung lenken, sollte die stressanfällige Fledermaus aber nicht zu sehr hetzen. Wichtig ist, dass man darauf achtet, dass das Tier auch wirklich das Gebäude verlässt. Über Nacht die Fenster geöffnet zu lassen und zu hoffen, dass das Tier einfach hinausfliegt, kann dazu führen, dass die Fledermaus ihre Artgenossen ruft und sich die restliche Kolonie in Ihrem Zimmer oder Stiegenhaus niederlässt.

Sitzt ein Tier entkräftet am Boden, werfen Sie es bitte nicht in die Luft, um es zum Fliegen zu animieren. Das kann zu schlimmen Verletzungen führen. Flugfähige Fledermäuse fliegen, wenn sie können. Fliegt eine Fledermaus daher nicht, könnten Prellungen, Brüche oder Entkräftung der Grund dafür sein. In diesem Fall wenden Sie sich bitte an uns.

Ein Artenportrait der Zweifarbfledermaus

Bei der Zweifarbfledermaus handelt es sich um eine mittelgroße Fledermaus, deren Gewicht zwischen 10 g und 16 g liegen kann. Dabei wurden aber auch schon besonders große und dicke Exemplare entdeckt, die 23 g auf die Waage brachten. Die Zweifarbfledermaus ist ein Luftjäger. Als Quartiere bevorzugt sie eher Spalten und wird nur selten in Höhlenquartieren gefunden.

Besonders an der Zweifarbenfledermaus ist, dass sie üblicherweise einmal im Jahr zwei Jungtiere gebärt, während andere Fledermäuse meist nur eines zur Welt bringen. Außerdem verfügt das Weibchen auch über vier (und nicht zwei, wie sonst bei den Fledermäusen üblich) Zitzen (ANDÈRA & HORÀCEK, 1982). Bei der Geburt begeben sich die Weibchen von der üblichen kopfüberhängenden Position in eine aufrechte Stellung, sodass das Junge mit der Schwanzflughaut bei der Geburt aufgefangen werden kann. Neben der Schwanzflughaut dient aber auch die Nabelschnur, die erst nach dem Austreiben der Nachgeburt durchtrennt wird, als eine Art Sicherheitsleine (HINKEL, 1989).

Die Tiere haben mit immer mehr Bedrohungen zu kämpfen, weil durch den Einsatz von Insektiziden das Futterangebot reduziert wird. Auch die Renovierung von alten Häusern oder die Errichtung neuer Häuser nach modernen Maßstäben reduzieren die Unterschlupfmöglichkeiten dieser Tiere.

Quellen

  • ANDÈRA, M.; HORÀCEK, I: Poznavame nase savce; 1982; Praha (nicht gesehen, zitiert in KRAPP 2011)
  • HINKEL, A.: Geburts- und Aufzuchtbeobachtungen bei Zweifarbfledermäusen (Verspertilio murinus L.). Nyctalus (N. F.) 4 (2), 1991, 199-210 (nicht gesehen, zitiert in KRAPP 2011)
  • KRAPP, F.: Die Fledermäuse Europas; 2011; Deutschland, Aula-Verlag GmbH